Ey Mann, wo ist mein Biokurs?

Über Raumplanungs- und andere Kooperationsprobleme

 


Die Kooperation zwischen unserer Schule und dem Mädchengymnasium Borbeck wurde ins Leben gerufen, um den Schülern beider Lehranstalten ein möglichst breites Spektrum an Leistungskursen anbieten zu können. Und gerade Schüler wie ich sollten dafür dankbar sein, da wir es doch gerade diesem Umstand zu verdanken haben, dass LKs wie Biologie und besonders Chemie überhaupt statt fanden. Doch hatte ich einen hohen Preis zu zahlen für meine exquisite Kurswahl, denn beide LKs fanden am MGB statt. In Zahlen bedeutet das zehn Stunden, das macht ungefähr ein drittel der Schulzeit aus, am MGB, 2 große Pausen musste ich in der Woche dort verbringen und 4 wurden durch das Pendeln zwischen beiden Schulen geschluckt...kurzum, der Schüleralltag wird durch diese Kooperation grundlegend umgekrempelt. Doch darüber hinaus ermöglichte uns diese Kooperation auch einen interessanten Einblick in den Alltag einer MGB Schülerin, was uns ihrem absonderlichen Verhalten gegenüber etwas milder gestimmt haben dürfte.

So findet ein Bio-LK am MGB keineswegs im Biosaal statt, wie es der ottonormal Schüler erwarten würde. Nein so einfach machen es die sehr fähigen Raumplaner des MGB ihren Schülern nicht. So fand der Unterricht Montags zunächst im Bio-Nebenraum und Dienstags und Donnerstags im Chemienebenraum statt. Klausuren wurden im Biosaal geschrieben. Dann fand der Unterricht Montags und Donnerstags im Biosaal, Dienstags im Chemienebensaal statt. Dann fand der Unterricht für ein halbes Jahr tatsächlich an allen Tagen im Biosaal statt. Dann aber wurde der Plan ohne erkenntlichen Grund wieder umgestellt, sodass wir Montags im Chemienebenraum, Dienstags im Bionebenraum und Donnerstags im Biosaal stattfanden. Es ist also kaum verwunderlich, dass sich Schülerinnen und Schüler, sowie Lehrkörper des Öfteren fragten, wo sie denn nun zu erscheinen hätten. Auch konnte es durchaus vorkommen, dass die eine Hälfte des Kurses aus dem Biosaal der anderen Hälfte des Kurse im Chemienebensaal über den Vorgarten (oder wie soll man diese Fläche vorm MGB-Haupteingang nennen) zuwinkte.

Darüber hinaus hat das MGB noch andere bemerkenswerte Überraschungen für den geneigten Beobachter zu bieten. Da wäre zum Beispiel das einzigste Herrenklo der Welt, das nicht nach Urin sondern nach Nikotin stinkt. Denn irgendwie scheint irgendjemand irgendwann einmal das Herrenklo am Chemiesaal zum Raucherraum für die Unterstufe erklärt zu haben. So muss man sich als argloser Schüler, der seine Notdurft verrichten will, schon mal den Bösen Blicken dreier Achtklässlerinnen aussetzen.

Eine weitere Sehenswürdigkeit des MGBs ist auch das Lehrerzimmer, oder sollte man lieber Lehrergang sagen? Denn zum Aufenthaltsraum für gestresste Pädagogen wurde direkt ein ganzer Korridor erkoren. Dieser wurde so clever gewählt, dass ein Schüler, wenn er von dem einen Gebäudetrakt in den anderen will (wenn man feststellt, das der Biokurs im Bio- und nicht im Chemienebensaal stattfindet) die dreifache Strecke und zwei Treppen zurücklegen muss. Überhaupt scheint der Architekt des Gebäudes ein besonderes Faible für Treppen zu haben, denn diese sind eben so zahlreich wie unnütz. Auch die Anordnung von Lichtschaltern und Feueralarmschaltern (ja, am MGB wird der Feueralarm durch Rote Lichtschalter ausgelöst!) erscheint dem Nutzer konventioneller Schulgebäude zunächst höchst merkwürdig...

Doch mit der Zeit gewöhnt man sich ja an fast alles, sogar an Pausen in den Klassenräumen (warum sind wir eigentlich die einzigen Schüler, die bei Wind und Wetter auf den Hof müssen?), Stühle auf dem Schulhof, die aber nicht benutzt werden, da sich MGB-Schülerinnen nicht die Mühe machen bis zu einem Stuhl zu gehen, sondern sich immer und überall hinsetzten, und regelmäßige Unterrichtsverkürzungen von 5-15 Minuten, doch die Benutzung der Freisprechanlage durch Schülerinnen während einer Klausur konnten wir beim besten Willen nicht gutheißen.

 

Rüdiger Dierkes